Farbkontraste: Welche Farben passen zusammen? – Farbenlehre

Verschieden farbige Papiere in unterschiedlich großen, viereckigen Formen zur Veranschaulichung der Farbkontraste

Die Frage, welche Farben gut zusammenpassen, stellt sich regelmäßig in Gestaltungsprozessen. Wie lassen sich Farben kombinieren, sodass sie miteinander harmonieren? Manchmal gleicht die Beantwortung eher einer Herausforderung als kreativem Spaß. Um diesen Entscheidungsprozess zu vereinfachen, hilft es, sich ein bisschen mit den Gestaltungsgrundlagen zu beschäftigen. Im Beitrag zu den Farbkreisen findet Ihr bereits eine Übersicht zu den verschiedenen Farbschemata und ihrer Wirkung. Ergänzend dazu gehen wir heute auf die sieben Farbkontraste nach Johannes Itten ein.

Beim Gestalten von Farbpaletten und Farbharmonien geht es immer um das Bewerten von Kontrasten. Diese können sowohl auf tatsächlichen Farbunterschieden beruhen als auch auf Farbtemperatur sowie der Helligkeit bzw. Sättigung. Selbst die Unterschiede im flächenmäßigen Anteil bilden einen Kontrast. Etwas hervorzuheben gelingt schließlich nur, wenn man den Unterschied zu anderen Dingen deutlich macht.

Johannes Itten beschäftigte sich intensiv mit dem Thema Farben und hat folgende sieben Kontraste in seiner Theorie definiert. Damit könnt Ihr interessante Farbkompositionen für Eure Projekte kreieren und die nötige Spannung in Eure Gestaltung bringen.

1. Farbe-an-sich-Kontrast (auch Buntkontrast)

Übereinanderliegende Papiervierecke in den Farben rot, gelb und Blau ergänzt mit grünem Papier zur Darstellung des Farbe-an-sich-Kontrasts

Beim Farbe-an-sich-Kontrast werden mindestens drei reine Farben kombiniert, die im Farbkreis möglichst weit voneinander entfernt liegen.

„Rein“ bedeutet, dass die Farben nicht mit Weiß getönt oder Schwarz schattiert sind. So entstehen kraftvolle, bunte Gestaltungen, weshalb auch von Buntkontrast gesprochen wird.

Besonders stark kommt dieses Prinzip bei Verwendung der Primärfarben Gelb, Rot und Blau zur Geltung. Häufig wird noch die Farbe Grün dazu ergänzt. 

Das Bild "Blaues Pferd I" ist ein Beispiel für den Farbe-an-sich-Kontrast in der Kunst
“Blaues Pferd I” ist eines von vielen Beispielen aus Franz Marcs Werk, in dem der Farbe-an-sich-Kontrast gut erkennbar ist. Hier könnt Ihr mehr über den Maler Franz Marc und seine Arbeit erfahren.

2. Komplementärkontrast

Beim Komplementärkontrast werden zwei Farben kombiniert, die auf dem Farbkreis gegenüberliegen.

Die gegensätzlichen Farbpaare verstärken sich in ihrer Wirkung, solange sie nebeneinander benutzt werden. Das macht den Mix lebendig und eindrucksvoll.

Sobald Ihr jedoch komplementäre Farben ineinander mischt, neutralisieren sich die Farben zu einem Grau.

Rotes Papierviereck auf grünem Papier und gelbes Viereck auf violettem Papier zur Darstellung des Komplementärkontrasts
Das Bild "Impression, Sonnenaufgang" von Claude Monet dient als Beispiel des Komplementärkontrasts in der Kunst
Welche Aussagekraft Ihr mit dem Komplementärkontrast erzeugen könnt, seht Ihr am Beispiel von Claude Monets Werk “Impressionen, Sonnenaufgang”. Entdeckt die Welt von Monet im Künstlerportrait.

3. Hell-Dunkel-Kontrast (auch Helligkeitskontrast)

Schwarzes Papierrechteck auf weißem Papier Darstellung des Hell-Dunkel-Kontrasts

Beim Hell-Dunkel-Kontrast trifft eine helle Farbe auf eine dunkle. Es geht dabei um den Tonwert. Der stärkste Kontrast entsteht in der Kombination der unbunten Farben Schwarz und Weiß.

Doch auch im bunten Farbspektrum finden sich Farbpaarungen mit deutlichem Helligkeitsunterschied. Beispielsweise ist der Komplementärkontrast aus Gelb und Violett gleichzeitig ein Hell-Dunkel-Kontrast.

Besonders Informationen, die schnell erfasst werden müssen, profitieren von so einem Hell-Dunkel-Kontrast. Bei der Anwendung von Schrift erzeugt er gute Lesbarkeit. Charakteristisch für diesen Farbkontrast ist die geringe Anzahl verwendeter Farben.

Das Bild "Der Wanderer über dem Nebelmeer" von Caspar David Friedrich als Beispiel des Hell-Dunkel-Kontrasts in der Kunst
Ein stimmungsvolles Beispiel für den Hell-Dunkel-Kontrast ist das Gemälde “Der Wanderer über dem Nebelmeer”. Seht Euch im Künstlerportrait zu Caspar David Friedrich noch weitere seiner beeindruckenden Arbeiten an.

Tipp: Beim digitalen Arbeiten könnt Ihr die Helligkeit von bunten Farben bestimmen, in dem Ihr sie in Graustufen umwandelt.

4. Kalt-Warm-Kontrast

Der Kalt-Warm-Kontrast basiert auf dem Unterschied der Temperaturempfindung im Zusammenhang mit Farben.

Blaugrün wird dabei als am kühlsten eingestuft, während Rotorange als wärmste Farbe empfunden wird. Erwiesenermaßen beeinflusst die Wandfarbe in Räumen das Temperaturempfinden der Personen, die sich darin aufhalten.

In der Malerei lassen sich damit Stimmungen und Perspektiven darstellen. Schattige oder sonnige Bereiche in der Landschaft werden wiedergeben und Entfernungen klarer. Während die warmen Farben nach vorne streben, scheinen die entfernteren Bereiche kühler.

Rotes Papier mit türkisen Papierstücken sowie blaues Papier mit einem gelben Rechteck zur Darstellung des Kalt-Warm-Kontrasts
Das Bild "La Japonaise" von Claude Monet als Beispiel des Kalt-Warm-Kontrasts in der Kunst
Das perfekte Beispiel für starken Kalt-Warm-Kontrast ist Claude Monets “La Japonaise”.

5. Qualitätskontrast (auch Intensitätskontrast)

Zwei Papierrechtecke in unterschiedlichen Grautönen, auf denen jeweils zwei weitere kleinere Rechtecke in verschiedenen Farben positioniert sind, um den Qualitätskontrast darzustellen

Der Reinheits- und Sättigungsgrad einer Farbe wird als Farbqualität gewertet. Je reiner und gesättigter eine Farbe ist, desto höher ist die Farbqualität. Kombiniert Ihr reine, gesättigte Farben mit einer weniger gesättigten Variante, ist das ein Qualitätskontrast.

Um die Qualität einer Farbe zu reduzieren, mischt Ihr sie mit Schwarz, Weiß, Grau oder ihrer Komplementärfarbe. In Kombination mit den Tönungen und Schattierungen tritt die reine Farbe dann deutlich hervor.

Es ergeben sich dabei monochromatische Farbzusammenstellungen, also einfarbige Abstufungen, die als sehr harmonisch empfunden werden.

Das Gemälde „Fenster und Dächer“ von Paul Klee als Beispiel für den Qualititätskontrast
“Fenster und Dächer” von Paul Klee zeigt die harmonische Wirkung des Qualitätskontrast. Mehr zum Leben des Malers könnt Ihr im Künstlerportrait zu Klee nachlesen.

Bonus: Bunt-Unbunt-Kontrast
Eine Sonderform des Qualitätskontrasts ist der Bunt-Unbunt-Kontrast.
Dabei werden unbunte Farben wie Schwarz und Weiß mit bunten Farben kombiniert.

Gelbe Papiervierecke auf weißem bzw. schwarzem Papier zur Darstellung des Bunt-Unbunt-Kontrasts

Je nachdem, welche Kombi Ihr wählt, bekommt Ihr ein besonders leuchtendes Ergebnis (Bunt zu Schwarz) oder ein besonders freundlich wirkendes (Bunt zu Weiß).

Achtet in der Benutzung auf die Helligkeit der kombinierten Farben. Je näher die Helligkeit der bunten Farbe und der unbunten Farbe beieinander liegen, desto geringer ist die Wirkung des Kontrasts.

6. Quantitätskontrast (auch Flächenkontrast)

Der Quantitätskontrast ist kein Farbkontrast, sondern ein Formkontrast. Es geht hierbei um das Flächenverhältnis der kombinierten Farben.

Warme und helle Farben werden stärker wahrgenommen als dunkle und kalte Farben. Um die Wirkung der Farben miteinander zu steuern, spielen die Größen- sowie Mengenverhältnisse eine starke Rolle.

Indem Ihr der dunklen oder kalten Farbe mehr Raum gebt, erzeugt Ihr optische Ruhe. Der hell leuchtenden Farbe mehr Fläche einzuräumen, gibt dem Kontrast Spannung. Spielt einmal mit den verschiedenen Relationen Eurer Gestaltungselemente und beobachtet, wie sich die Wirkung verändert.

Drei Papierrechtecke in den Farben Violett, Blau und Rot auf denen jeweils ein Papierquadrat in einer anderen Größe liegt, um den Quantitätskontrast darzustellen.
Das mittlere Gemälde „Bleu II“ der ikonischen Dreiergruppe von Joan Miró als Beispiel für den Quantitätskontrast
Das Gemälde “Bleu II” von Joan Miró zeigt die Wirkung des Quantitätskontrasts. Mehr zu seinem Werk erfahrt Ihr in unserem Künstlerportrait zu Joan Miró.

7. Simultankontrast

Rotes Papier auf orangem bzw. grünem Papier zur Darstellung des Simultankontrastes

Der Simultan-Kontrast beschreibt die Wechselwirkung zwischen nebeneinander angeordneten Farbflächen. Da die Wahrnehmung einer Farbe von der Farbe der Umgebungsfläche beeinflusst wird, wirkt der Kontrast schwächer oder stärker. Das kommt daher, dass unser Auge sich um Ausgleich bemüht, in dem es in der Umgebung einer Farbe gleichzeitig (simultan) die passende Komplementärfarbe wahrnimmt.

Das wird deutlich, wenn Ihr beispielsweise Rot auf eine orange und im Vergleich dazu auf eine grüne Fläche setzt. Das Rot wirkt auf dem orangen Papier gedämpfter, auf dem Grün leuchtender. Der Effekt verstärkt sich hier nochmals, weil die Komplementärfarbe Grün das Rot reiner wirken lässt.

Andy Warhols Bild "Brooklyn Bridge FS II. 290" dient als Beispiel für den Simultankontrast.
Mit der “Brooklyn Bridge FS II. 290” zeigen wir Euch ein letztes Beispiel zu den Farbkontrasten in der Kunstwelt. Dem Bild von Andy Warhol haben wir sogar eine eigene Farbpalette gewidmet.

Unsere Empfehlung für Farbzusammenstellungen lautet: Kombiniert die Farben in Eurer Gestaltung mutig und entschieden. Unsere Beiträge zur Farbenlehre helfen Euch dabei.
Wir wünschen Euch viel Spaß!

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