Am 08.02.1880 wurde einer der größten deutschen Künstler des Expressionismus geboren. Zeit, unseren Streifzug durch die Kunstgeschichte mit einem neuen Künstlerportrait fortzuführen! Heute schauen wir mit Euch auf rote Rehe, gelbe Kühe und blaue Pferde: Auf das Leben und das Werk von Franz Marc.
Wir nehmen Euch mit auf seine spannende künstlerische Reise von der Weltanschauung zur Weltdurchschauung. Schon als jungen Maler stellte es ihn nicht zufrieden, die Welt mit den üblichen naturalistischen Techniken abzubilden, wie sie gesehen wird. Mit dem Konzept der Animalisierung will er die Kunst verlebendigen. Er strebt danach, das Wesen, das Innere der Dinge zum Vorschein zu bringen. Dazu entwickelt er eine ganz eigene Farbphilosophie und erschafft seine unvergleichlichen Tierdarstellungen, für die er heute weltberühmt ist.
Doch seine Suche nach einer tieferen Erkenntnis geht noch weiter. Auch in seine letzte Schaffensphase, in der alles Gegenständliche, alles Irdische aus seinen Werken verschwindet, möchten wir mit Euch eintauchen.
Wer war Franz Marc?
Franz Marc (1880-1916) ist einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts und Mitbegründer des deutschen Expressionismus. Mit seinen farbintensiven Darstellungen von Rehen, Katzen, Hunden, Kühen und vor allem Pferden schrieb er Kunstgeschichte. Für seine Arbeiten verwendete er mehrheitlich Ölfarben, Gouache und Aquarell, fertigte aber auch einige Skizzen, Skulpturen und Holzschnitte an.
Zusammen mit Wassily Kandinsky und Gabriele Münter war Marc Begründer und Leiter der Künstlergemeinschaft „Der Blaue Reiter“, der sich auch August Macke und Paul Klee anschlossen.
Sie war eine der bedeutendsten Erneuerungsbewegungen der deutschen Kunst im 20. Jahrhundert.
Leben
Franz Moritz Wilhelm Marc wird am 08. Februar 1880 als zweiter Sohn des Landschafts- und Genremalers Wilhelm Marc und seiner Frau Sophie in München geboren. Nach dem Abitur will er Theologie studieren und Pfarrer werden. Er leistet jedoch zunächst seinen Wehrdienst, bei dem er auch das Reiten lernt. Im Anschluss entscheidet er sich für den Beruf seines Vaters und beginnt an der Münchener Kunstakademie Malerei zu studieren.
Mit seinem Studienfreund Friedrich Lauer reist er 1903 durch Frankreich. Dort beeindrucken in vor allem der Impressionismus und Maler wie Courbet, Delacroix und Van Gogh. Nach seiner Rückkehr ist er enttäuscht vom akademischen Unterricht und verlässt die Kunstakademie.
1904 zieht Franz Marc aus dem Haus der Eltern in Pasing aus und richtet sich ein Atelier in Schwabing ein. Er hat eine Affäre mit der neun Jahre älteren Kunst- und Antiquitätenkennerin Annette Simon, geborene von Eckardt. Sie vermittelt ihm Aufträge und erweist sich als nützlich für seine Geldprobleme, ist jedoch verheiratet. Die beiden trennen sich 1906 und Marc reist mit seinem Bruder nach Griechenland, um die emotionale Belastung und künstlerische Selbstzweifel abzuschütteln.
Im Anschluss an die Studienreise zieht sich Franz Marc zum Arbeiten nach Kochel zurück. Mit den beiden Malerinnen Maria Frank und Marie Schnür führt er eine Dreiecksbeziehung. Schließlich heiratet er 1907 die elf Jahre ältere Marie Schnür, reist aber noch am gleichen Tag allein nach Paris. Die Ehe hält nur ein gutes Jahr. Später wird Maria Franck seine Frau. Zunächst kann er jedoch keine zweite Ehe eingehen, weil Marie ihn des Ehebruchs mit Maria beschuldigt.
Nach einer umtriebigen Zeit, die von Geldsorgen, Beziehungsdramen, vielen Reisen und ersten Ausstellungen geprägt ist, wird Marc 1911 Mitglied in der „Neuen Künstlervereinigung München“.
Die Bekanntschaft mit Wassily Kandinsky inspiriert ihn dazu, sich noch intensiver mit der Symbolkraft der Farbe auseinanderzusetzen. Noch im gleichen Jahr tritt er gemeinsam mit Kandinsky wieder aus der Vereinigung aus. Zusammen mit Gabriele Münter gründen die beiden die Künstlergemeinschaft „Der Blaue Reiter“, zu der wenig später August Macke und Paul Klee stoßen.
Im Dezember 1911 eröffnen Marc, Münter und Kandinsky die erste Ausstellung der Vereinigung in München. 1912 erscheint der nach dem Vereinsnamen betitelte Künstleralmanach “Der Blaue Reiter” im Piper-Verlag.
Zusammen mit August Macke reist Franz Marc im gleichen Jahr wieder nach Paris, wo sie Robert Delaunay besuchen. Seine futuristischen Arbeiten inspirieren Marc sehr.
Im Sommer 1913 heiratet Franz Marc Maria Frank. Im April 1914 erwirbt er im Tausch gegen das Haus seiner Eltern in Pasing eine Villa in Ried. Auf einem Stück Land baut der Tierliebhaber ein Gehege für seine Rehe. Zum Ausbau eines Ateliers kommt es nicht mehr, trotzdem entstehen in Ried seine letzten großen Werke.
Im August 1914 werden Marc und Macke zum Kriegsdienst einberufen. Sein Freund fällt bereits knapp zwei Monate später. Anfang 1916 stellt Franz Marc erfolglos einen Antrag auf Freistellung vom Wehrdienst. Bei einem Erkundungsritt am 04. März 1916 wird er von einem Granatsplitter bei Verdun in Frankreich verletzt und stirbt im Alter von 36 Jahren.
Auf der Suche – Künstlerische Anfänge
Die frühen Werke von Franz Marc entsprechen zunächst ganz den Traditionen ihrer Zeit. Nach seinem Eintritt in die Münchener Kunstakademie verwendet er die dort üblichen klassischen Maltechniken. Mit den Techniken des Realismus und Naturalismus bildet die Kunst das gewöhnliche Leben der Menschen ab. Sie zeigt die Welt, wie sie ist. Diese reine Weltanschauung und Malweise befriedigt Marc jedoch nicht.
Beeinflusst durch den Aufenthalt in Paris, versucht sich Marc auch an impressionistischen Techniken. Doch auch der Impressionismus erscheint ihm schnell zu rational. Er vermisst die Gefühle.
Bis Marc seinen persönlichen Stil findet, soll es noch eine ganze Weile dauern. Seine liebsten Motive findet er jedoch schnell: Schon in seinen frühen Werken malt er mit Vorliebe Tierdarstellungen.
Franz Marcs Tierdarstellungen & die Animalisierung der Kunst
Vor allem Rehe, Hunde, Katzen, Kühe und Pferde haben es Franz Marc angetan. Letztere sollen später seine berühmtesten Motive werden. Für den Maler sind Tiere Sinnbilder für Ursprünglichkeit, Natur und Spiritualität. Sie erscheinen ihm schöner und reiner als der Mensch, den er schon sehr früh als hässlich empfindet.
Mit großer Begeisterung beginnt er, die Anatomie der Tiere zu studieren. Als er in Berlin lebt, verbringt er unzählige Stunden im Zoo der Hauptstadt und skizziert die Formen der Tiere aus allen möglichen Blickwinkeln.
Mehr und mehr wächst dann in ihm der Wunsch, von der äußeren Gestalt der Tiere zu ihrem Inneren Wesen, das ihn so sehr fasziniert, zu gelangen. Um ihre Seele zum Vorschein zu bringen, entwickelt er sein stärkstes Ausdrucksmittel: Seine eigene Farbphilosophie.
Die Farbsymbolik von Franz Marc
Farben sind für Franz Marc von höchster Bedeutung. Er studiert Goethes Farbenlehre mit größter Hingabe. Wie der Dichter geht er von den drei Grundfarben Blau, Gelb und Rot aus, die durch Mischen alle anderen Farben ergeben können. Aber Farben sind für Marc nicht nur Farben, so wie Tiere für ihn nicht nur Tiere sind.
Er beginnt, jeder Farbe ein Wesen zuzuordnen und setzt sie mehr und mehr symbolisch ein. Was dabei herauskam, ist heute weltbekannt: Gelbe Kühe und Tiger, rote Bisons und Rehe, blaue Pferde und Füchse. Über die Farben versucht er sich in die Tiere einzufühlen. Er will nicht bloß ihre äußere Erscheinung, sondern ihr innerstes Wesen zeigen. Dabei löst er sich immer weiter von naturalistischen Farbgebungen und stellt die Vermittlung der Gefühlswelt des Motivs in den Vordergrund:
„Gelb ist das weibliche Prinzip, sanft, heiter und sinnlich.“
Franz Marc in einem Brief an August Macke, 1910
Hält man sich diese Auffassung vor Augen, erscheint es gar nicht so weit hergeholt, dass Marc-Kenner behaupten, er hätte in „Die gelbe Kuh“ im Jahr seiner Hochzeit seine Frau Maria portraitiert. Vertraut mit der Farbsymbolik ihres Mannes, hat sie das Werk auf keinen Fall als unschmeichelhaft, sondern wohl vielmehr als Kompliment empfunden.
„Blau ist das männliche Prinzip, herb und geistig.“
Franz Marc in einem Brief an August Macke, 1910
Blau stellt für Marc das (männliche) Gegengewicht zu Gelb dar. Besonders Pferde hat er meist in dieser Farbe gemalt. Sie ist seine Lieblingsfarbe und für ihn das Symbol des Geistigen: Mit seiner Haltung und dem gesenkten Kopf erweckt „Blaues Pferd I“ etwa stark den Eindruck eines empfindenden, fast schon nachdenklichen Wesens.
„Rot die Materie, brutal und schwer und stets die Farbe, die von den anderen beiden bekämpft und überwunden werden muss!“
Franz Marc in einem Brief an August Macke, 1910
Für seine Rehbilder verwendet Marc oft die Farbe Rot. Materie ist hier im Sinne von Natur und Natürlichkeit zu verstehen. Wie das „Blaue Pferd I“ stehen viele von Marc Tierdarstellungen außerdem auf rotem Grund. Die Farbe kann für alles Irdische stehen, das man nach seiner Auffassung auf dem Weg zum reinen, geistigen Sein überwinden muss.
Aber nicht nur den Grundfarben weist seine ausgeklügelte Farbtheorie ein Wesen, Emotionen und Empfindungen zu:
„Mischst Du zum Beispiel das ernste, geistige Blau mit Rot, dann steigerst Du das Blau bis zur unerträglichen Trauer, und das versöhnende Gelb, die Komplementärfarbe zu Violett, wird unerlässlich. […] Mischst Du Rot und Gelb zu Orange, so gibst Du dem passiven und weiblichen Gelb eine „megärenhafte“ sinnliche Gewalt, dass das kühle, geistige Blau wiederum unerlässlich wird, der Mann, und zwar stellt sich das Blau sofort und automatisch neben Orange, die Farben lieben sich. Blau und Orange, ein durchaus festlicher Klang. Mischst Du aber Blau und Gelb zu Grün, so weckst Du Rot, die Materie, die „Erde“, zum Leben, aber hier fühle ich als Maler immer einen Unterschied: Mit Grün bringst Du das ewig materielle, brutale Rot nie ganz zur Ruhe … Dem Grün müssen stets noch einmal Blau (der Himmel) und Gelb (die Sonne) zu Hilfe kommen, um die Materie zum Schweigen zu bringen […]“
Franz Marc in einem Brief an August Macke, 1910
Abstraktion – Der Weg zu einer tieferen Erkenntnis
Im Laufe der Zeit entwickelt sich Marc nicht nur über die Farben weg vom Gegenständlichen. Auch die Formen beginnen sich in seinen Bildern mehr und mehr aufzulösen.
In seiner letzten Schaffensphase wendet sich Marc von den Tieren als Bildmotiv ab und sucht die Reinheit in der abstrakten Form. Er malt mehrere kleine ungegenständliche Kompositionen sowie vier große abstrakte Gemälde mit den Titeln „Heitere Formen“, „Spielende Formen“, „Zerbrochene Formen“ und – besonders bekannt – „Kämpfende Formen“.
Die Werke der Reihe sind frei von irdischen Themen. Marc wählt die Abstraktion als künstlerisches Mittel, um sein Ziel der geistig-metaphysischen Weltdurchschauung zu erreichen. Das letzte Stück seines langen Weges kann er in seiner Kunst jedoch nicht zu Ende gehen. Nur kurze Zeit später bricht der Erste Weltkrieg aus, in dem er im Alter von nur 36 Jahren fällt…
So ist Franz Marc vor allem für seine farbenfrohen Tiermotive und expressionistische Farbgebung weltberühmt. Er war aber auch ein Vordenker und -reiter des Geistigen und Abstrakten in der Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Habt Ihr Lust bekommen, noch tiefer in das Schaffen und die Werke von Franz Marc einzutauchen? Schaut Euch hier im Blog die Farbpalette von Franz Marc im Werk „Bison im Winter“ und die Papiere, die wir für Euch zusammen gestellt haben an. Außerdem haben wir folgende Empfehlungen für Euch:
Museums-Tipp: Das Franz Marc Museum in Kochel am See
Im Franz Marc Museum in Kochel am See könnt Ihr die Kunst des „Blauen Reiters“ dort erleben, wo die Maler gelebt und gearbeitet haben. Bereits als Akademieschüler hat Franz Marc in der Kocheler Gegend gewohnt. Später zog es ihn endgültig in die heutige Gemeinde Kochel am See. 1914 kaufte er sein Haus in Ried. Die Landschaft um Kochel nannte er sein „Blaues Land“.
Das Franz Marc Museum wurde 1986 gegründet und zeigt eine beeindruckende Sammlung des deutschen Expressionismus und der Nachkriegsabstraktion. Zu sehen sind mehr als 150 Werke aus dem Nachlass von Franz Marc, dazu Leihgaben, persönliche Gegenstände und schriftliche Dokumente aus seinem Leben.
Franz Marc Museum
Mittenwalder Str. 50
82431 Kochel am See
Öffnungszeiten
Dienstag-Sonntag und an Feiertagen
(Montags geöffnet, wenn Feiertag auf einen Montag fällt)
April-Oktober: 10-18 Uhr
November-März: 10-17 Uhr
Geschlossen am 24. und 31.Dezember
(Änderungen vorbehalten)
Tipp: Digitaler Rundgang
Die Highlights der Ausstellungen könnt Ihr im digitalen Sammlungs-Raum des Franz Marc Museums auch online entdecken.
App-Empfehlung: Franz Marc Kunstspaziergang
Die Tourist Info Kochel am See hat eine App mit Audioguide herausgegeben, mit der Ihr Euch auf die Spuren von Franz Marc begeben könnt. Der Audioguide führt Euch mithilfe einer übersichtlichen Karte zu zehn Stationen, an denen Ihr Wissenswertes zum Künstler und seinen Werken erfahrt.
Wenn Ihr vor Ort seid, ist die App besonders zu empfehlen und nimmt Euch mit auf eine Entdeckungstour durch die traumhafte Landschaft rund um Kochel. Einfach im App Store oder Google Play Store suchen.
Vielen Dank für diesen wunderschön geschrieben, informativen Beitrag, der in der Kürze alles beinhaltet, was über diesen großartigen Künstler zu sagen ist!
Hallo Lisi,
ganz lieben Dank für Dein Feedback, über das wir uns sehr freuen! 🙂