Für unser Künstlerportrait im September reisen wir weit zurück in die Vergangenheit, in die Epoche der Romantik. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entfacht der Maler Caspar David Friedrich eine heftige Debatte, indem er ein Landschaftsbild zum Altarblatt erhebt. Damit bricht er mit den herrschenden Gesetzen der Malerei und revolutioniert das damalige Kunstverständnis. Anfang des 20. Jahrhunderts werden seine Werke wiederentdeckt. Und auch in der Gegenwart erwecken seine sinnbildlichen, einmalig schönen Landschaftsbilder eine große Faszination.
Wer war Caspar David Friedrich?
Caspar David Friedrich (1774-1840) war ein deutscher Maler und Grafiker. Er gilt als Mitbegründer der Frühromantik und als der bedeutendste Landschaftsmaler der Romantik. Sein von Melancholie geprägtes Welt- und Selbstverständnis wird als exemplarisch für das Künstlerbild der Epoche angesehen. Seine Werke werden als Höhepunkte der deutschen Kunstgeschichte und als Vorläufer der Moderne eingeordnet.
Leben

Kindheit und Jugend
Caspar David Friedrich wird am 05. September 1774 als sechstes von zehn Kindern im pommerschen Greifswald geboren. Sein Vater Johann Gottlieb Friedrich ist Seifen- und Kerzengießer, seine Mutter Sophie Dorothea verstirbt als Friedrich sechs Jahre alt ist. Kurz darauf stirbt seine Schwester, nur einige Jahre später ertrinkt sein Bruder Johann Christoffer bei dem Versuch Caspar David Friedrich, der beim Eislaufen eingebrochen war, zu retten. Die traumatischen Erfahrungen seiner Kindheit sind prägend für die spätere melancholische Persönlichkeit Friedrichs.
Mit 16 Jahren erhält Caspar David Friedrich Unterricht bei dem akademischen Zeichenlehrer Johann Gottfried Quistorp. Dieser bringt ihm die Naturschönheiten seiner Heimat näher und prägt so schon früh seine spätere künstlerische Laufbahn.
Von der Studienzeit bis zum künstlerischen Durchbruch
Nach seinem Schulabschluss studiert Friedrich an der königlichen Kunstakademie in Kopenhagen. Anschließend zieht er nach Dresden und schreibt sich dort an der Akademie ein. Er fertigt eine beachtliche Anzahl von Zeichnungen und Skizzen und erstellt einen großen Motivkanon, an dem er sich immer wieder bedienen wird. Im folgenden Jahr stellt er zum ersten Mal im Rahmen der akademischen Kunstausstellung in Dresden aus.
Ab 1800 verdient Friedrich seinen Lebensunterhalt mit Sepia-Zeichnungen. Von Dresden aus unternimmt er immer wieder längere Reisen nach Breesen, Greifswald, Neubrandenburg und Rügen. Vor allem der Ostseeinsel widmet er eine große Vielzahl an Bildern.
Einige Jahre später gerät Caspar David Friedrich in eine seelische Krise mit depressiven Episoden. Ab 1807 malt er seine ersten Ölbilder und unternimmt in den folgenden Jahren weitere Reisen innerhalb des Landes. Mit „Das Kreuz im Gebirge“ gelingt ihm der künstlerische Durchbruch. Das Werk entfacht eine heftige Debatte, die ihm zu großer Bekanntheit verhilft (dazu später mehr.)
Verluste, Heirat und weitere Schicksalsschläge
1808 und 1809 versterben Friedrichs Schwester Dorothea und sein Vater. Die schwermütige Stimmung des Malers zeigt sich in seinen Bildern wie „Der Mönch am Meer“. Das Werk wird vom preußischen König gekauft, woraufhin die Berliner Akademie Friedrich zu ihrem Mitglied wählt.
Während der Besetzung Dresdens entwickelt Caspar David Friedrich einen ausgeprägten Patriotismus und setzt in den folgenden Jahren auch in seinen Bildern politische Statements. 1816 wird er als Mitglied der Dresdener Akademie aufgenommen und erhält dort ein regelmäßiges Gehalt.
Mit dieser finanziellen Sicherheit will er eine Familie gründen und heiratet bald die 20 Jahre jüngere Caroline Bommer. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor. Nach der Hochzeit entstehen einige seiner berühmtesten Gemälde.

1820 wird Friedrichs Malerfreund Gerhard von Kügelen getötet. Ein weiterer Verlust, der ihn schwer trifft. Seine düstere Stimmung drückt sich auch in seinen Bildern aus, wodurch das Interesse an seinen Arbeiten abnimmt. Trotzdem wird er vier Jahre später zum außerordentlichen Professor an der Akademie Dresden ernannt. Vermutlich aufgrund seiner politischen Einstellung, darf er dort aber nicht lehren.
1935 trifft das Schicksal Caspar David Friedrich selbst und er erleidet einen Schlaganfall. Von da an erschweren ihm Lähmungserscheinungen das Malen, von denen er sich bis zu seinem Tod nicht mehr erholt. Am 07. Mai 1840 stirbt Friedrich im Alter von 65 Jahren in Dresden.
Das künstlerische Werk von Caspar David Friedrich
Sepia-Zeichnungen
Der junge Caspar David Friedrich verdient seinen Unterhalt zunächst mit Zeichenunterricht und dem Färben von Stichen. Für seine eigenen Bilder wählt er bevorzugt Feder, Tusche und Aquarellfarben. Ab 1800 konzentriert er sich auf Landschaftszeichnungen mit Sepia-Tusche. Die Motive der einfarbigen Bilder lässt er durch feine Abstufungen in den Helligkeitsgraden der Brauntöne entstehen. Er findet sie in den Landschaften seiner Wanderungen, in seiner Heimat und in Urlauben, unter anderem auf Rügen. Über mehrere Jahre perfektioniert er die Technik und beherrscht sie schließlich meisterhaft. Die Dresdener Kunstausstellung zeigt seine Sepia-Zeichnungen der Steilküste auf Rügen. Seine Werke bekommen Anerkennung und verkaufen sich gut. So ist es ihm möglich mit großformatigen Sepiablättern seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Als einer der ersten freien Künstler mit Aufträgen, die nicht länger nur aus den Fürstenhäusern stammen.

Durchbruch
Ab 1807 widmet sich Caspar David Friedrich der Ölmalerei. Die ersten Bilder entstehen nach einer Reise in das Elbsandsteingebirge in der Sächsischen Schweiz. Der „Ausblick in das Elbtal“ markiert den Anfang der künstlerischen Karriere des Romantikers.
Im gleichen Jahr erhält er von Graf Franz Anton von Thun und Hohenstein den Auftrag für das Gemälde, mit dem ihm sein Durchbruch gelingen soll. Das „Kreuz im Gebirge“ (Der Tetschener Altar) zeigt einen mit Tannen und Fichten bewachsenen, silhouettenhaften Felsgipfel. Das darauf abgebildete Kreuz mit dem Corpus Christi wird von der hinter dem Berg untergehenden Sonne angestrahlt. Ein vergoldeter, neugotischer Rahmen mit Engelsköpfen und dem allsehenden Auge Gottes – ebenfalls von Friedrich entworfen – fasst das Werk ein.
Kaum gezeigt, ist der Tetschener Altar vielbesprochenes Thema in den intellektuellen Kreisen der Stadt. Es spaltet die Kunstwelt von Dresden und bald die des ganzen Landes. Der Grund: Caspar David Friedrich lädt in seinem Werk die Landschaft mit religiöser Bedeutung auf. Die Natur wird zum Ort der Andacht. Damit vollzieht er einen klaren Bruch mit der geltenden Gattungshierarchie von christlicher und Landschaftsmalerei. Denn letztere wird nach dem herrschenden Kunstverständnis ganz unten angesiedelt.

In einem Zeitungsartikel kritisiert Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr, ein Anhänger des Klassizismus und Vertreter der alten christlichen Schule, das Werk aufs Schärfste. Er spricht der Landschaft in der Kunst die Eignung als Allegorie für religiöse Inhalte ab und empört sich, es sei eine „wahre Anmaßung, wenn die Landschaftsmalerei sich in die Kirchen schleichen und auf Altäre kriechen will“.
Der sogenannte Rahmdohrstreit entwickelt sich zu einer heftigen Debatte, die sich mit reger Beteiligung über Monate hinzieht und in die Geschichte eingehen soll. Er dokumentiert den Wandel der Kunstwirkung in der Romantik und verhilft Caspar David Friedrich zu großer Bekanntheit. Symbolische Naturbilder, die abstrakte (religiöse) Gedanken und Stimmungen durch Landschaften versinnbildlichen, sind ab jetzt die Spezialität des Malers.
Die Romantik
Die Kunstepoche der Romantik löste kurz vor der Wende zum 19. Jahrhundert den Klassizismus ab. Grundlegend für die Malerei war die Konzentration auf das Gefühlvolle anstatt auf den Verstand und das Rationale. Ausdruck fand dies vor allem in symbolträchtigen Landschaftsbildern, die von einer innigen Verbindung zwischen Mensch und Natur erzählen. Sie wird zum Spiegel des subjektiven, menschlichen Empfindens. Mit seinen Gemälden erschuf Caspar David Friedrich einige der wichtigsten Bildmotive der Romantik.
Weitere berühmte Werke
Kurz darauf beginnt Friedrich mit der Arbeit an einem weiteren monumentalen Ölbild, das mit dem „Kreuz im Gebirge“ zu seinen berühmtesten Werken zählen wird. Die großformatige Leinwand zeigt den „Mönch am Meer“, der allein am Ufer eines schäumenden Meeres steht. Er schaut auf den tiefliegenden Horizont, der von einem düsteren, einschüchternden Himmel überspannt wird.
Das Gemälde zeigt eine melancholische, fast beklemmende Stimmung und einen unbedeutenden Menschen vor der Urgewalt der Natur. Für das Motiv missachtet Caspar David Friedrich die geltenden Regeln der Landschaftsmalerei auf radikale Weise und erschafft so einen revolutionären Eindruck von Unendlichkeit.

Einige Jahre später stellen sich auch im Privaten die besten Zeiten von Caspar David Friedrich ein. Nachdem er 1818 Caroline Bommer heiratet, malt er im Zusammenhang mit der Hochzeitsreise freundliche Bilder und zwei seiner beliebtesten Werke: „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ und „Kreidefelsen auf Rügen“.

In seiner Darstellung der Rügener Kreidefelsen wendet Caspar David Friedrich gleich mehrere der Techniken an, die ihn zu einem der berühmtesten Vertreter der deutschen Kunstgeschichte machen. Die Komposition vereint drei Ansichten und zeigt so eine Umgebung, die sich lediglich an der Realität orientiert. Wie ein Sog zieht das Bild den Blick der Betrachter:innen zunächst auf die Vegetation und drei der typischen Rückenfiguren des Malers, um dann gemeinsam mit ihnen auf die malerischen Felsformationen und schließlich auf die Weiten des Meeres und ein Segelschiff zu schauen. Der Blick in die Ferne seiner Bildfiguren ist eines der Hauptmotive in Friedrichs Malerei. Er ist Ausdruck der „romantischen“, sinnlichen Wahrnehmung des Raumes und der Natur.
Politische Motive
Caspar David Friedlich liebt es nicht nur persönlich und auf der Leinwand in die Natur zu ziehen. Er ist auch ein politischer Mensch. Die französische Besetzung seiner Heimat ruft 1806 großen Zorn in ihm hervor, er unterstützt den Befreiungskrieg 1813 und über viele Jahre wird die politische Lage eines der Themen in seinen Werken. Das Bild „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ (1819-1820) zum Beispiel verkörpert nicht nur die romantische Anschauung der Natur, sondern ist auch eine politische Meinungsäußerung von Friedrich. Die beiden Figuren tragen eine zu diesem Zeitpunkt verbotene schwarze altdeutsche Tracht. Das Statement hat finanzielle Folgen für den Maler, er verliert den preußischen Hof als Kunden.

Letzte Schaffensphase
Nach 1820 werden Friedrichs Bilder immer düsterer und kryptischer und die Kritik an seiner Arbeit nimmt zu. Ihm wird Monotonie vorgeworfen und das breite Publikum empfindet seine Bilder als schwermütig. Auch der Zeitgeist wandelt sich und mit dem aufkommenden Realismus kann sich Caspar David Friedrich nicht identifizieren. Er zieht sich zurück, verkauft weniger Werke und Verbitterung macht sich bei ihm breit.

Als ihm der Schlaganfall fünf Jahre vor seinem Tod zusätzlich die Arbeit an der Staffelei erschwert, wendet er sich einer Nischentechnik zu. Auf Transparentbildern experimentiert er in seiner letzten Schaffensphase mit lichtdurchlässigen Farben, Licht und Schatten. Schon bald nachdem Caspar David Friedrich verstirbt, gerät er in Vergessenheit.
Wiederentdeckung
Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt die Wiederentdeckung Friedrichs. Auf der „Jahrhundertausstellung deutscher Kunst“ in der Nationalgalerie Berlin wird 1906 eine große Auswahl seiner Werke gezeigt. Sie treffen den Nerv der Zeit und begeistern vor allem junge Menschen, die – während Industrie und Gewinnstreben omnipräsent sind – das einfache Leben romantisieren und sich wieder der Natur zuwenden.
Im Rahmen der gefeierten Ausstellung werden die Werke von Caspar David Friedrich und Kollegen wie Philipp Otto Runge als Vorläufer der Moderne angesehen und die Malerei des Romantikers wird als Höhepunkt der deutschen Kunstgeschichte eingeordnet.
Weitere große Aufmerksamkeit wird Friedrich in der Zeit des Nationalsozialismus zuteil. Seine Kunst wird propagandistisch vereinnahmt und als vorbildhaft für die nationalsozialistische Landschaftsmalerei und Lebensführung gezeigt. Die Zahl der Publikationen seiner Werke steigt sprunghaft an.
Bis heute, fast 250 Jahre nach seinem Geburtstag, lösen Caspar David Friedrichs Werke Begeisterung bei ihren Betrachter:innen aus. In unserer hektischen, von Technik beherrschten Zeit, vielleicht vor allem durch die eindrucksvolle Erhabenheit von Natur und Landschaft in seiner Kunst.
Caspar David Friedrich erleben
In der Hamburger Kunsthalle
Den weltweit größten Bestand an Werken von Caspar David Friedrich könnt Ihr in der Hamburger Kunsthalle bestaunen. Darunter auch „Der Wanderer über dem Nebelmeer“, das als eines der herausragendsten Kunstwerke Deutschlands gilt und das beliebteste Gemälde in der Hansestadt ist. Schon mal vormerken: Anlässlich des 250. Geburtstags des Malers startet am 15. Dezember 2023 die große Ausstellung Caspar David Friedrich – Kunst für eine neue Zeit in der Hamburger Kunsthalle.
Im Caspar-David-Friedrich-Zentrum und Pommerschen Landesmuseum
Mit dem Caspar-David-Friedrich-Zentrum könnt Ihr das ehemalige Wohnhaus der Familie Friedrich in Greifswald besuchen. Liebevoll erhalten und hergerichtet, bietet es besondere Einblicke in das Leben und Wirken des Malers.
Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald zeigt in einer Dauerausstellung einige der schönsten Bilder von Caspar David Friedrich. Tipp: Für das Landesmuseum und das CDF-Zentrum gibt es die Caspar David Friedrich Kombikarte.
Auf arte.tv
Die Arte-Dokumentation Wanderer zwischen den Welten erzählt vom Leben des Malers in Greifswald und Dresden und führt auf den Spuren seiner Lieblingsmotive an die Ostsee und ins Elbsandsteingebirge.
Im Podcast „Augen zu“ von ZEIT und ZEIT ONLINE
In der Folge Caspar David Friedrich – eher so der romantische Typ widmen sich Florian Illies und Giovanni di Lorenzo dem Künstler, seinen biografischen Wendungen und wichtigsten Werken und fragen sich, warum die Himmel des kauzigen Pommern uns bis heute beflügeln.
Die Podcast-Reihe können wir Euch nicht nur auf den Spuren von Caspar David Friedrich ans Herz legen. Florian Illies (Kunsthistoriker und Herausgeber der ZEIT) und Giovanni di Lorenzo (Chefredakteur der ZEIT) entführen alle 14 Tage in die wunderbare Welt der Kunst.
Bei Google Arts & Culture
Wir hätten Euch gerne noch viel mehr Bilder von Caspar David Friedrich gezeigt. Um aber nicht den Rahmen dieses Beitrags zu sprengen, verweisen wir Euch an dieser Stelle auf Google Arts & Culture. Dort gibt es weitere eindrucksvolle Werke des Malers in voller Pracht und somit zum Schluss noch etwas fürs Auge. Schließlich will niemand nur von großen Kunstwerken lesen und hören.
Unsere Farbpalette zu Caspar David Friedrich


Das Ölgemälde „Mondaufgang am Meer“ ist die Inspiration für unsere Farbpalette zu Caspar David Friedrich im September. In unserer Papeterie aus Büttenpapier Lavendel, Hot Colors Aprikose, Colorplan und Metallic Papieren spiegeln sich die Töne einer zauberhaften Sommernacht.