Das Wort Druckpresse löst vermutlich bei den wenigsten die Vorstellung aus, dass sich ein solches Gerät problemlos überall mit hinnehmen und auch nahezu allerorts benutzen lässt. Den Gegenbeweis zu dieser Annahme liefern Martin Schneider und Dominik Schmitz. Die beiden Designer haben vor einigen Jahren das Open Press Project ins Rollen gebracht, um Liebhabern der Druckgrafik (und denen, die es werden möchten) die Möglichkeit zu geben diese wunderbaren, teilweise sehr alten Kunsttechniken einfach dort umsetzen zu können, wo es jedem gerade gefällt.
Sie haben eine Druckpresse entwickelt, die nicht mehr Platz als der kleine Kulturbeutel im Weekender einnimmt, an jedem beliebigen Tisch montiert werden kann und nach weniger als zehn Handgriffen für mehr als 20 Drucktechniken einsatzbereit ist. Das wichtigste ist aber – jeder, der Lust dazu hat, kann sie bedienen.
Was als Bauanleitung begann, wird mittlerweile von den beiden auch selbst in Köln produziert und in alle Welt versendet. Die Zahl der Mitglieder in der Open Press Community, die sich weltweit um die Mini-Druckpresse (Mini-Presse) schart, wächst stetig. Die Follower in der @openpressproject Gemeinde sind aber nicht nur echte Kenner und Könner der Druckszene, sondern auch experimentierfreudige und leidenschaftliche Hobbyisten, wie wir.
Aktuell bringen Martin und Dominik ein riesiges, internationales Drucktauschevent mit allem Drum und Dran über die Bühne. Für uns hat Martin kurz auf den Pausenknopf gedrückt, um mit uns zu plaudern.
PD: Es gibt Erfolgsgeschichten, die in bierseliger Runde, in einer Garage oder einfach aus der Not heraus ihren Anfang nahmen. Bei welcher Gelegenheit seid Ihr auf die Idee gekommen, dass der Welt eine Mini-Druckpresse guttäte?
Martin: Die Idee entstand, als ich Ende 2017 ein Thema für eine Prüfungsarbeit an meiner Hochschule KISD Köln International School of Design suchte. Ein paar Jahre vorher hatte ich in der Druckwerkstatt Kölner Graphikwerkstatt ein Praktikum gemacht und mich seitdem mit diesen spannenden Drucktechniken auseinandergesetzt.
Mir fiel im Studium auf, dass viele meiner Kommiliton:innen noch nie davon gehört oder Techniken wie Tiefdruck noch nicht ausprobiert hatten. Das lag zu einem großen Teil an einer fehlenden Druckpresse, die besonders für den Tiefdruck unverzichtbar ist. Und weil solche Maschinen schnell tausende an Euros kosten, viel Platz wegnehmen und nicht immer leicht zu finden sind, ist der Zugang zu diesen Techniken eingeschränkt. Ich dachte ich mir, dass eine frei zugängliche 3D-gedruckte Miniatur-Presse vielleicht helfen kann.
PD: Und wie seid Ihr die Umsetzung der Idee dann angegangen? Wo ging die Reise hin?
Martin: Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, ob eine 3D-gedruckte Presse den nötigen Druck aufbauen könnte. Jede Woche kam ich mit einem neuen Prototypen in die Kölner Graphikwerkstatt, um ihn zu testen und mit den anderen dort zu überlegen, wie man das Design optimieren könnte. Am Ende veröffentlichte ich den finalen Protoypen als Open Source mit einer Anleitung zum Nachbauen und war völlig verblüfft von dem unglaublich begeisterten Feedback, was ich erhielt.
In kürzester Zeit tauchten hunderte kleine Druckpressen in allen möglichen Farben überall auf der Welt auf, Schulen begannen sie in den Kunst-Unterricht zu integrieren und täglich sah ich neue Drucke, die mit einer der Pressen gedruckt waren. Diese kleinen Kunstwerke zu sehen, ist bis heute unglaublich erfüllend für mich. Und vielleicht weil viele es wertschätzten, dass ich die Daten kostenfrei zur Verfügung gestellt hatte, entstand eine durchweg positive, begeisterte und aktive Community um das Open Press Project.
PD: Irgendwann habt Ihr aber nochmal nachgelegt. Es ist nicht bei dem Bauplan geblieben, das ganze Projekt ist gewachsen. Was war entscheidend für diese neue Dynamik?
Martin: Im Laufe der Monate erreichten mich immer mehr Anfragen von Interessierten, die sehr gerne so eine kleine Mini-Presse haben wollten, allerdings keinen Zugang zu einem 3D-Drucker hatten. Mir war klar, dass ich mir über die Produktion von Pressen mehr Gedanken machen sollte und entschied mich am Ende für eine Crowdfunding-Kampagne. Das war auch der Zeitpunkt, an dem Dominik dazu kam – er hatte mir beim Dreh des Videos für die Kampagne geholfen.
Wir rechneten mit Bestellungen von vielleicht 100 Pressen, am Ende waren es dann doch 15 Mal so viel! Ich hätte die Kostenkalkulation vorher genauer auf Skalierbarkeit prüfen sollen, aber jetzt warteten 1500 Leute auf ihre Presse. Glücklicherweise hatte Dominik Lust, mich dabei zu unterstützen und so gründeten wir gemeinsam ein Unternehmen und konnten trotz Produktions- und Versandproblemen, Pandemie und einem Jahr Verzögerung alle Pressen ausliefern. Dafür bauten wir uns eine eigene 3D-Druck-Farm auf, die wir seitdem für die Produktion der Pressen und anderen Kleinserien benutzen.
PD: Mittlerweile versendet Ihr Eure kleinen Kraftpakete von Köln aus in alle Welt an die unterschiedlichsten Menschen. Eure Community und der Austausch mit den Leuten bedeuten Euch wahnsinnig viel. So habt Ihr 2019 einen Aufruf gestartet, der auf große Resonanz gestoßen ist. Erzählt mal…
Martin: Es war von Anfang an sehr spannend für uns, die mit der Presse entstandenen Drucke auf Social Media zu sehen. Ich wollte eine Aktion mit der Community starten und schlug vor, mir Drucke zu schicken, um sie in einer Ausstellung in der Kölner Graphikwerkstatt zu zeigen. Mehr als 250 Drucke von gut 100 Teilnehmenden aus aller Welt kamen zusammen, die eine wunderbar vielfältige Sammlung ergaben.
PD: Mit Eurer aktuellen Aktion, der Open Print Exchange, habt ihr das nochmal getoppt. Was ist die Idee hinter Print Exchange?
Martin: Genau wie bei der ersten Ausschreibung wollten wir die jetzt viel größere Community zum Drucken einladen und – nun wesentlich organisierter und durchdachter – Ausstellungen der Drucke an verschiedensten Orten organisieren.
Bei der vorherigen Aktion war es eine tolle Erfahrung, Drucke aus der ganzen Welt zu erhalten und auszupacken, denn jede Woche kamen neue verzierte Umschläge in der Kölner Graphikwerkstatt an und jedes Mal waren alle von den Einsendungen begeistert. Diese Erfahrung wollten wir mit der Community teilen und entschieden uns für einen Druckaustausch: Alle Teilnehmenden konnten eine Auflage von 10 Drucken zu uns schicken, wovon wir einen für Ausstellungen, Katalog und Online-Galerie behielten und die restlichen 9 Drucke an zufällige Teilnehmende zurückschickten.
Am Ende waren es 339 Einsendungen aus 26 Ländern, die wir professionell fotografiert und in einer Online-Galerie veröffentlicht haben. Momentan arbeiten wir am Katalog und planen sechs Ausstellungen, die noch in diesem Jahr stattfinden sollen. Das Projekt kam sehr gut in der Community an und hat uns großen Spaß gemacht, sodass wir im Herbst eine zweite Ausgabe planen!
Vielen Dank Martin für die spannenden Einblicke in ein großartiges Projekt!
Wenn Ihr Lust habt, die Druckkunstwerke aus aller Welt live zu sehen, dann tragt Euch den passenden Ausstellungtermin der Open Print Exchange in Euren Kalender ein!
Geplante Ausstellungen zur Open Print Exchange
Kölner Graphikwerkstatt, Köln (Deutschland) | 29. Juli – 26. August 2022 |
5/R Hall & Gallery, Nagoya (Japan) | 6. August – 15. August 2022 |
Wien (Österreich) – Location & Datum in Klärung | Oktober 2022 |
Kunstmuseum Bonn, Bonn (Deutschland) | Dezember 2022 |
Galerie Freitag 18.30, Aachen (Deutschland) | Beginn 2023 |
inPrint Collective, Toronto (Kananda) | 2023 |
Online könnt Ihr das Open Press Project und seine kreative Community auf diesen Kanälen verfolgen:
- Webseite Open Press Project
- Instagram Open Press Project
- Pinterest Open Press Project
- Facebook Open Press Project
- Youtube Open Press Project
- Webseite Print Exchange Gallery
- Instagram Open Print Exchange
- Webseite Kölner Graphikwerkstatt
- Instagram Kölner Graphikwerkstatt
Copyright-Hinweis: Alle Bilder in diesem Artikel © Open Press Project.