Kreativität ist kein Selbstläufer. Wer Kreativität zum Beruf macht, sollte seine Potenziale kennen und die zentrale Ressource seines Schaffens pflegen. In ihrem neuen Buch Kreative Identität und Selbsterkenntnis, das im Verlag Hermann Schmidt erschienen ist, stellt Roberta Bergmann die Kreativschaffenden selbst in den Mittelpunkt. Sie kennt die Höhen und Tiefen durch ihre eigene kreative Arbeit aus erster Hand und teilt ihr Wissen und ihre Erfahrungen, die sie über die Jahre gewonnen hat, in diesem Buch. Entstanden ist ein praxisnaher Begleiter und breit gefächerter Impulsgeber für den Weg zu kreativem Selbstbewusstsein. Wir haben Roberta Bergmann zum Interview eingeladen, um das Buch mit ihr gemeinsam zu beleuchten. Freut Euch auf spannende Einblicke und verpasst unser gemeinsames Gewinnspiel zu diesem Blogpost nicht!
Wie ist die Idee für dieses Buch zur kreativen Identität entstanden? War das eher eine schnelle Erkenntnis oder ein Reifeprozess?
Oh, das war ein langer Reifeprozess. Ich habe ja bereits einige Sachbücher über Kunst, Design und Kreativität geschrieben. Da ging es aber immer ums Machen, ums praktische Arbeiten, sich Kreativprojekte ausdenken, diese durchziehen und sich dabei kreativ austoben. Das Buch „Kreative Identität und Selbsterkenntnis“ ist eher der gedankliche und emotionale Unterbau, den kreatives Arbeiten benötigt.
Ich sage mit Absicht nicht theoretischer Unterbau. Denn das Buch ist kein Theoriebuch, es ist genauso praktisch anzuwenden wie meine anderen Bücher auch, nur geht es diesmal nicht darum, etwas mit den Händen zu gestalten und zum Beispiel ein Bild zu malen, sondern eher um die praktische Denkarbeit und Selbstreflexion des eigenen kreativen Handelns und kreativen Schaffens.

Ich glaube, es ist wichtig, sich ab und an selbst zu hinterfragen, mit dem was man (er)schafft und wo man noch hinwill. Das Ganze geht auch mit dem eigenen Wohlbefinden einher: Bin ich glücklich, mit dem was ich kreativ mache? Erfüllt mich das? Und wenn nicht, wie kann ich das ändern. Oder gibt es noch Wünsche und Ziele, die ich erreichen will? Ich glaube, deshalb habe ich das Buch geschrieben: Ich möchte, dass sich Kreative selbst erkennen, wenn sie kreativ sind und bewusst künstlerische Entscheidungen treffen, eine Message haben oder einen inneren Antrieb. Nur einfach irgendwas machen, ist halt kontemplativ und bringt kurzfristig vielleicht Entspannung. Aber macht es wirklich langfristig zufrieden und glücklich?
Du näherst Dich dem zentralen Thema zunächst über den Versuch, den Begriff der kreativen Identität zu definieren, ihn greifbar zu machen. Wie schwierig ist es, eine Beschreibung für eine so individuelle Sache zu finden? Und warum ist es so wichtig, sich als Kreative:r selbst darüber bewusst zu werden?
Also einfach war es nicht. Es gab für den Begriff „Kreative Identität“ bisher keine Definition. Es hat dazu auch niemand geforscht, zumindest habe ich keine Studien dazu gefunden. Ich habe mir also die Definition selbst überlegt und lange daran formuliert. Im Buch ist es dann ein relativ kurzer Abschnitt, wie ich „Kreative Identität“ verstehe. Man kann verknappt sagen „Es ist die kreative Stimme, die jede:r von uns in sich trägt, wenn er kreativ schafft.“

Natürlich erkläre ich im Buch auch den Begriff „Identität“ und dass die „kreative Identität“ nur ein Teilbereich der Gesamtidentität ist, die wir in uns vereinen – und die sich auch zum Teil wandelt, verändert und weiterentwickelt.
Ich glaube, wenn wir uns unserer kreativen Identität bewusst sind, können wir viel fokussierter kreativ sein. Es ist nicht so ziel- und planlos. Sie gibt uns den Weg vor, den wir in unseren Kreativprojekten gehen können. Durch die Definition unserer kreativen Identität können wir uns besser in unserem Umfeld positionieren. Wenn wir beruflich kreativ sind, können wir so ein Angebot erstellen, welches wir nach außen klar kommunizieren können. So wird sichtbar, wofür wir stehen und was man von uns bekommt, wenn man uns bucht. Das schafft auch Selbstvertrauen.
Ich habe im Buch viele praktische Beispiele für erfolgreiche Kreative genannt und wie sie ihre kreative Identität gefunden haben. Für das Buch habe ich Unmengen an anderen Fachbüchern und Studien gelesen, die sich mit der Kreativitätsforschung beschäftigen. Natürlich erwähne ich auch wieder Mihály Csíkszentmihályi als Flow- und Kreativitätsforscher, wie schon in meinem Buch „Kopf frei für den kreativen Flow“. Er hat eine interessante Theorie aufgestellt, dass kreative Menschen zehn gegensätzliche Extrempaare (wie zum Beispiel intro- und extrovertiert zugleich sein) ineinander vereinen. Dieser Theorie bin ich im Buch weiter nachgegangen und habe daraus die 30 Bausteine identifiziert, die kreative Menschen meiner Meinung nach in ihrem Wesen definieren. Dazu gehören unter anderem Achtsamkeit, Neugier, Intuition, Imagination und viele mehr. Ich bekomme immer wieder von Leser:innen rückgemeldet, dass sich das Buch wunderbar kurzweilig liest und einfach, das heißt verständlich, geschrieben ist. Es ist also sowohl für kreative Beginner als auch für Kreativprofis geeignet. Jede und jeder nimmt da ggf. etwas anderes für sich mit. Im Buch definiere ich vier Entwicklungsstufen kreativer Identität. Und mit einem Persönlichkeitstest kann man selbst herausfinden, welcher Typ man ist bzw. auf welcher Stufe man sich gerade befindet!
Sehr schnell bindest Du also die Leser:innen ein, gibst Denkanstöße oder regst zu praktischen Übungen an. Magst Du ein Beispiel geben, wie so etwas aussieht?
Ein Impuls heißt „Ihr tägliches Interieur“. Ich glaube, dass das eigene Umfeld, der eigene (private) Bereich, sehr viel darüber aussagt, wer man ist. Lebt man eher in einer kleinen chaotischen Wohnung, die mit vielen Dingen gefüllt ist, die aber vielleicht sehr gemütlich wirkt; oder hat man viel Platz, wenige Einrichtungsgegenstände, keine Bilder an den Wänden und alles wirkt aufgeräumt und eher kühl? In dem Impuls bitte ich den Leser bzw. die Leserin sich mal mit dem eigenen täglichen Interieur zu beschäftigen: Mag man seine Umgebung? Fühlt man sich wohl? Was möchte man verändern? Was wäre ideal, um sein volles kreatives Potenzial auszuleben (z. B. ein eigenes Kreativzimmer, wo man alle Materialien sofort findet)?
Ein anderer Impuls heißt „Sofortige Veränderung“ und bezieht sich auf das Problem einer Kreativblockade oder fehlender kreativer Energie, die man gerade nicht aufbringen kann. Dieser Impuls ist eine gute Achtsamkeitsübung, denn hier soll sich der Leser bzw. die Leserin die akute Situation anschauen und sich so selbst in dem Moment reflektieren. Vielleicht verbirgt sich hinter dem genannten Problem eine ganz einfache Lösung: Zum Beispiel ist vielleicht die Umgebung zu laut (und lenkt ab) oder die Raumtemperatur stimmt nicht und man fühlt sich unbewusst unwohl oder man ist durstig, hungrig oder wegen einer anderen Sache beunruhigt, die einen vom kreativen Flow abhält. Im Buch findet man 52 Impulsaufgaben wie diese und 82 selbstreflexive Fragen! Also jede Menge Input.


Nun hast Du insgesamt diese 30 Bausteine identifiziert, die kreative Identität ausmachen und sie in diesem Buch zusammengefasst. Gab es während der Arbeit daran für Dich selbst auch noch neue Erkenntnisse über Deine kreative Identität?
Ich denke, irgendetwas Neues lerne ich immer beim Schreiben meiner eigenen Sachbücher. Konkret kann ich aber nichts benennen, was jetzt mit meiner kreativen Identität zu tun hat. Ich glaube, sie wurde durch das Buch noch mehr gefestigt und bestätigt. Das ist ja auch eine gute Erkenntnis. Ich habe, glaube ich, für das Buch eher auf mein Leben als Kreative zurückgeblickt (als nach vorn) und meine bisherigen Erfahrungen für die Leser:innen zusammengefasst, als dass ich alle Impulsaufgaben und Fragen für mich beantwortet hätte. Das ist jetzt aber eine Erkenntnis, die ich aus diesem Interview mitnehme, nämlich mein Buch einfach mal als Leserin zu verwenden.
Wir bedanken uns bei Roberta für den interessanten Austausch und die Einblicke zu ihrem neuen Buch. Ebenfalls danken wir dem Verlag Hermann Schmidt, der uns ein Exemplar für unser Gewinnspiel zur Verfügung gestellt hat.
Das Buch wird zusammen mit einem Papierpaket von uns auf Instagram verlost. Das Gewinnspiel startet am 23.05.2025 und endet am 26.05.2025 um 15 Uhr.
Über die Autorin

Roberta Bergmann ist freiberufliche Künstlerin, Designerin, Autorin – kurz gesagt Kreativschaffende. Durch ihre selbst gegründete Kreativ-Plattform
„Der kreative Flow“, dem dazugehörigen Podcast und Blog sowie ihren Sachbüchern zählt sie inzwischen zu den bekanntesten Kreativ-Expertinnen Deutschlands.
Alle ihre Bücher findet Ihr auf der Webseite von Roberta Bergmann. Diese beiden haben wir bereits hier im Papier Direkt Blog vorgestellt:
„Die Praxis des Gestaltens“ und „Kopf frei für den kreativen Flow“ – Schaut mal rein!
Robertas kreatives Schaffen könnt Ihr bei Instagram verfolgen (@robertabergmann und @derkreativeflow) oder auf robertabergmann.art entdecken.