Mit Aquarellfarben zu gestalten, macht wahnsinnigen Spaß. Nur dabei zuzusehen, wie die Farbpigmente ihren Weg aufs Papier finden, ist wunderbar. Mit Wasser und Pinseln lassen sich die Farben auftragen, bewegen, ja sogar zum Teil wieder abtragen und es entstehen zauberhafte Landschaften, Blüten, Tiere und andere tolle Motive. Die Liebe zum Arbeiten mit diesem Medium teilt auch Susann Folske, ebenfalls unter dem Namen @fraeulein_kreativa bekannt. Susanns Leidenschaft geht allerdings noch einen Schritt weiter. Sie stellt die Aquarellfarben selbst her.
Begonnen hat Susann damit, weil ihr die Auswahl an pastelligen Farbnuancen im Markt gefehlt hat. Da hat sie kurzerhand die Ärmel hochgekrempelt, selbst Hand angelegt und ihre ersten eigenen Farben gemischt. Das war 2019. Seither hat sich in Susanns Leben so einiges geändert. Sie produziert ihre handgefertigten Aquarellfarben längst nicht mehr nur für den eigenen Hausgebrauch, sondern professionell. Darüber wollten wir mit ihr sprechen und haben sie zum Interview eingeladen. Freut Euch auf viel Herzblut, spannende Einblicke und vielversprechende Ausblicke!
“Mal eben” eine maltaugliche Aquarellfarbe herzustellen, ist ja vermutlich nicht die Realität. Erzähl‘ doch mal, wie Du die ganze Sache angegangen bist und wie die ersten Versuche bei der Herstellung liefen.
Nein, ganz und gar nicht. Damals habe ich, wie man es heutzutage halt so macht :), erst einmal gegoogelt „Wie stellt man Aquarellfarbe her?“ und mich in diversen Foren darüber belesen. So eine richtige Schritt-für-Schritt-Anleitung hat man nur schwer gefunden. Überall stand, dass man Pigmente und Bindemittel benötigt. Die genaue Zusammensetzung eines Bindemittels wird aber von den großen Farbherstellern nie bekannt gegeben. Also habe ich mir zu Beginn meiner Aquarellfarbenreise das bereits fertige Bindemittel der Firma Schminke und aus diversen Künstershops verschiedene Pigmente sowie die Materialien zum Verarbeiten der beiden Produkte bestellt.
Damit fing alles an. Beim learning by doing habe ich dann herausbekommen, welche Pigmente welche Eigenschaften besitzen und wie unterschiedlich lang diese angerieben werden müssen, bis eine schöne Konsistenz auf dem Papier entsteht. Außerdem habe ich gelernt, welche unterschiedlichen Trocknungsphasen die Farben besitzen, wie man Löcher beim Trocknunsprozess vermeidet und Luftblasen minimieren kann. Nebenbei habe ich an meinem eigenen Bindemittel experimentiert bis ich endlich die vegane Lösung meines eigenen Bindemittels für mich herausgefunden habe.
Auch jetzt, drei Jahre später, habe ich noch nicht ausgelernt. Erst letztens habe ich schwarze Farbe aus verkohlten Fruchtsteinen hergestellt und musste am eigenen Leib erfahren, wie lange eine Farbe gären kann, bis man sie abfüllen darf.
Wie wurde aus Deiner privaten handgefertigten Aquarellfarbe ein Produkt?
Anfangs habe ich die Aquarellfarbe nur für mich hergestellt. Meinen Prozess hatte ich damals auf Instagram begleitet. Da ich damals nur pastellige Töne hergestellt habe und es diese 2019 noch nicht auf dem Markt gab, hatten mich einige meiner Follower:innen gefragt, ob ich die Farben auch verkaufen kann. Ich hatte bereits einen Etsy-Shop auf dem ich einige meiner Kunstwerke verkaufte und dann dachte ich mir, warum nicht auch die Aquarellfarben dort anbieten. Dann ging alles ganz schnell und die Farben haben sich auf Instagram herumgesprochen. Meine Farbsucht kannte keine Grenzen mehr und ich experimentierte mit diversen Pigmenten und eigenen Pigmentmischungen. Jede Farbe erhielt ihren eigenen Namen und später auch eine Nummer. Die Aquarellfarben an sich habe ich #kreativascolors genannt und den Namen mir 2021 als Marke schützen lassen.
Welche Herausforderungen bringt das mit sich, wenn man die Produktionsmenge von privat auf mehr skaliert? Musstest Du viel tüfteln? Was hat besonders Spaß gemacht, was hat vielleicht für Frust gesorgt?
Durch diese Umstellung benötigte ich größere Mengen an Pigmenten, Gummi Arabicum und halben Näpfchen zum Abfüllen. Die kleineren Künstershops, bei denen ich bislang bestellt habe, konnten mir diese Mengen nicht mehr liefern. Also musste ich mich auf die Suche nach neuen Shops begeben. Zum Glück habe ich auch einen Laden ganz in meiner Nähe entdeckt, in dem ich direkt einkaufen kann und nicht immer alles liefern lassen muss.
Was vor allem für Frust gesorgt hat, waren die kleinen Anreibeplatten, die man überall nur bekommen konnte. Man muss sich vorstellen, dass man damit nur kleine Mengen von Aquarellfarben herstellen kann bzw. mehrere Anreibedurchgänge für ein und die selbe Farbe durchführen muss. Hier habe ich allerdings einen Steinmetz gefunden, der mir eine große Marmorplatte hergestellt hat. Somit kann ich auch große Farbmengen auf einmal herstellen und muss nicht immer den Vorgang wiederholen.
Ein weiterer Punkt war, dass durch die mehreren Farbschichten in einem Aquarellnapf (i.d.R. 4-5 Farbschichten) und den Trocknungsprozessen dazwischen (circa 3 Tage für eine Schicht) immer wieder die Farbe aus Pigment und Bindemittel hergestellt werden muss. Anfangs habe ich gerade bei Pigmentmischungen nicht immer den gleichen Farbton herausbekommen. Mittlerweile habe ich aber auch hier eine Lösung gefunden, damit ich die Farbe Zwischenlagern kann, bis ich die nächste Farbschicht drauf setze.
Aus dem DIY-Projekt für den Eigenbedarf ist in der Zwischenzeit eine eigene Marke gewachsen. Ein Entschluss, der sicherlich nicht nur Mut erfordert, sondern auch bestimmt auch Sisyphusarbeiten. Wie lief das ab?
Oh ja auf jeden Fall. Ich dachte mir, es wäre doch schön, wenn man die Farbe bzw. den Namen kreativascolors® als Marke anmeldet. Zu viel hatte ich mich dazu eigentlich gar nicht belesen und mir einfach das entsprechende Dokument im Internet heruntergeladen. Blauäugig habe ich es einfach probiert und zum Glück hat es geklappt. Evtl. werde ich später noch die Farbenzusammensetzungen an sich schützen, das bedeutet dann etwas mehr Sisyphusarbeit.
Bemerkenswert ist auf jeden Fall, dass Du ja Teilzeitunternehmerin bist und außerdem auch noch einem Vollzeitjob nachgehst. Ist das nicht wahnsinnig anstrengend? Wie muss man sich das vorstellen?
Ja, das stimmt. Allerdings sehe ich die Farbherstellung als meine Art der Meditation und daher nicht als zusätzlichen Stress. Das Mischen der Farben mit dem Bindemittel bringt mir eine gewisse Ruhe und ist der perfekte Ausgleich zu meinem Vollzeitjob, der wenig mit Kreativität zu tun hat. Natürlich mische ich nicht jeden Tag nach der Arbeit und manchmal hat man auch einfach keine Lust. Aber wenn ich einmal anfange, finde ich kein Ende mehr und bin nur schwer in meiner Farbensucht zu stoppen. An solchen Tagen wünsch ich mir mehr als 24h.
In wenigen Wochen ist Weihnachten und der Jahreswechsel steht vor der Tür – magst Du uns ein bisschen was über Deine Pläne für 2023 verraten?
Bereits im Januar/ Februar 2023 habe ich ein tolles #kreativascolors Projekt zusammen mit einer anderen Künstlerin geplant. Außerdem plane ich die Wiederaufnahme der Farbproduktion der #kreativascolors Gouache-Farben sowie eigene Kurse zum Thema „Farbherstellung“.
Alt bewährtes bleibt ebenfalls erhalten. So wird es auch 2023 weiterhin die monatlichen #kreativascolors Farbkarten geben. Hier stelle ich jeden Monat eine Farbkombination aus den #kreativascolors Watercolorfarben zusammen, um Farbinteressierten ein Gefühl für Farbkombis und Farbharmonien zu geben. Wenn ich es schaffe, möchte ich in diesem Zusammenhang auch Motivideen mitgeben.
Und ein Projekt, was wirklich schon lange auf sich wartet und endlich abgeschlossen werden möchte, ist das Safari-Workbook. Hier wird man, wie in meinen anderen Workbooks, Schritt-für-Schritt-Anleitungen finden, wie man Watercolormotive passend zum Thema „Safari“ malt.
Ich freue mich bereits jetzt auf die vielen schönen Projekte und hoffe, dass ich Euch für Farben und Farbvielfalt begeistern konnte.
Wir danken Susann ganz herzlich für das schöne Gespräch und ihre Zeit. Wer noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für Aquarellbegeisterte ist oder Inspirationen für die eigene Malerei sucht, sollte sich auf jeden Fall noch bei Susann umsehen!
(Alle Links zu ihren Seiten findet Ihr am Ende des Beitrags)
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Über Susann Folske
Susann Folske alias Fräulein Kreativa ist seit ihrer Kindheit verrückt nach Stiften, Papier und Büroartikeln und sie liebt das Zeichnen und Malen.
Neben ihrem Beruf stellt sie seit einigen Jahren ihre eigenen handgefertigten Farben her. Seit 2021 führt sie diese unter ihrer Marke kreativascolors®.
Webseite fraeuleinkreativa.de
Shop kreativascolors.de
Instagram instagram.com/fraeulein_kreativa
Etsy-Shop fraeuleinkreativa
Copyright-Hinweis: Alle Bilder in diesem Artikel (außer Titel- und Portraitbild) © Susann Folske.
Portraitbild: © Evgenia Prillwitz
Hinreißend sieht das aus, Hirsche mag ich auch sehr gerne;)
Grüße
Johanne