Was hat es eigentlich mit der Alterungsbeständigkeit von Papier auf sich? Wir erklären Euch heute, was im Hinblick auf die Alterungsbeständigkeit und Lebensdauer von Papier beachtet werden sollte. Je nachdem, ob das Papier im Alltag, für Drucksachen oder bei der Archivierung eingesetzt wird. Dabei klären wir auch, was die Normen ISO 9706, DIN 6738 und ISO 20494 sind und wann sie Anwendung finden.
Normaler Papiergebrauch und Alterungsbeständigkeit

Wir starten direkt mit „guten Nachrichten“. Bei normalem Gebrauch müssen Papiere in der Regel keine besonderen Anforderungen an die Alterungsbeständigkeit erfüllen. Denn schauen wir mal auf die Praxis: Wie viele Papierprodukte werden über viele Jahre genutzt? Im täglichen Leben kommen Papiere vor allem für Ausdrucke für den Alltag zum Einsatz. Das sind zum Beispiel Notizen und Memos, Kopien oder andere temporär genutzte Dokumente. In diesen Fällen müsst Ihr Euch keine Gedanken um die Alterungsbeständigkeit machen. Die meisten heute verwendeten Papiersorten, auch handelsübliches Kopierpapier, sind über mehrere Jahre stabil. Das bedeutet in dem Zusammenhang, dass Papier seine grundlegenden Eigenschaften über einen relativ langen Zeitraum hinweg behält. Es vergilbt nicht sofort, reißt oder zerfällt nicht und bleibt bedruck- bzw. beschreibbar und lesbar.
Alterungsbeständigkeit von Drucksachen und Kunstwerken
Bei Drucksachen wie Broschüren und Katalogen, Postern und Plakaten hängt die Relevanz der Alterungsbeständigkeit vom Zweck und der gewünschten Nutzungsdauer ab. Die meisten Druckerzeugnisse, zum Beispiel saisonale Flyer und Veranstaltungshefte, sind für einen eher kurzfristigen Einsatz (im Sinne von Wochen bis Monate) gedacht. Hier ist die Alterungsbeständigkeit des Papiers nicht entscheidend. Das Papier darf hochwertig sein, muss aber nicht jahrzehntelang halten.

Es gibt aber auch Drucksachen, die eine langfristige Nutzung ermöglichen sollen. Beispiele sind hochwertige Kunstposter, limitierte Drucke und Ausstellungskataloge für Sammler mit Archivwert. Auch die eigene Kunst möchte man in vielen Fällen gerne langfristig aufbewahren.

Um hier ganz unbesorgt zu sein, könnt Ihr alterungsbeständiges Künstlerpapier verwenden. Die Luma Paper Künstlerpapiere und die Da Capo Aquarellblöcke sind zum Beispiel alterungsbeständig. Welche Normen dafür zum Einsatz kommen, erklären wir Euch gleich noch. Zunächst nennen wir Euch einige Dinge, die Ihr bei der Auswahl und Lagerung von Papieren beachten könnt, um ihre Lebensdauer zu verlängern.
Einflüsse auf die Lebensdauer von Papier
Papierauswahl
Ihr könnt bei der Auswahl Eurer Papiere auf verschiedene Dinge, die einen positiven Einfluss auf die Lebensdauer haben, achten. Zunächst solltet Ihr, vorausgesetzt es passt zu Eurem Verwendungszweck, keine zu geringe Grammatur wählen. Papiere mit höheren Grammaturen sind insgesamt robuster gegen Zerreißen, Knicken und Abnutzung.
Ligninfreies Papier altert langsamer als ligninhaltiges Papier. Lignin ist einer der drei Hauptbestandteile von Holz. Im Papier führt es bei Kontakt mit Licht und Sauerstoff schnell zu Vergilbung. Beim ligninfreien Papier wird der Holzstoff während des Herstellungsprozesses entfernt. Es ist dadurch vergilbungsfrei und bleibt länger Weiß.

Ebenfalls wichtig im Hinblick auf das Vergilben von Papier ist der pH-Wert. Da dieses Wissen früher fehlte, wurde im 19. Und 20. Jahrhundert hauptsächlich säurehaltiges Papier genutzt. Viele alte Bücher und Zeitungen sind daher über die Zeit vergilbt, brüchig geworden oder zerfallen sogar. Säurefreies – also pH-neutrales – Papier hingegen vergilbt deutlich langsamer. Daher sind viele Papiere heute mit „säurefrei“ oder „pH-neutral“ gekennzeichnet. Basische Papiere sind alkalisch mit Kalziumcarbonat gepuffert, was zum Beispiel saure Gase in der Luft neutralisiert. Diese Papiere sind alterungsbeständig und zusätzlich besser vor Umwelteinflüssen geschützt.
Auch die Lichtechtheit von Papieren hat Einfluss auf ihre Lebensdauer (im Sinne von Beständigkeit ohne Qualitätsverlust). Bei geringer Lichtechtheit können sie verblassen, vergilben oder ihre Farbe verändern. Je länger sie Tageslicht, direkter Sonneneinstrahlung oder starkem Kunstlicht ausgesetzt sind, desto schneller kann das passieren. Säurefreie und ligninfreie Papiere haben in der Regel automatisch eine hohe Lichtechtheit. Zusätzlich könnt Ihr auf Herstellerhinweise wie „lichtecht“ oder „UV-beständig“ achten. Es gibt auch spezielle Lichtechtheitsstufen (z. B. nach der sogenannten Wollskala), die zum Beispiel in der Druckindustrie herangezogen werden.

Lagerung und Umwelteinflüsse
Generell wirkt es sich positiv auf die Lebensdauer von Papier aus, wenn Ihr es nicht unnötig strapazierenden Umwelteinflüssen, wie Sonnenlicht, hohen Temperaturen oder hoher Luftfeuchtigkeit, aussetzt. Im besten Fall sollten wichtige Drucksachen trocken, dunkel und möglichst klimastabil aufbewahrt werden.
Drucksachen für den Außengebrauch
Manchmal geht der Einsatzzweck jedoch zwangsläufig mit starken Umwelteinflüssen einher. Besonders bei Print Produkten, die für den Außengebrauch vorgesehen sind, wie zum Beispiel Poster und Plakate, solltet Ihr auf Eigenschaften wie die Lichtechtheit besonders achten.

Für spezifische Anforderungen gibt es auch Spezialpapiere. Ein Beispiel dafür ist das Pretex Synthesefaserpapier. Das imprägnierte Spezialpapier ist ausgesprochen witterungs- und wetterbeständig und kann in nassem oder trockenem Zustand problemlos stark belastet werden, beispielsweise bei Open-Air-Events und Sportveranstaltungen.
Mehr über Papiere im Außeneinsatz erzählen wir Euch übrigens im Beitrag 5 Papiere für draußen
– Unsere Outdoor-Papierlieblinge.
Alterungsbeständiges Papier für die Archivierung
Nun kommen wir zu dem Anwendungsbereich von Papier, bei dem spezielle Anforderungen an die Alterungsbeständigkeit gelten. Papiere für die Archivierung werden gezielt so ausgewählt, dass sie besonders alterungsbeständig sind, denn sie dienen der langfristigen Sicherung von wichtigen Informationen – und das zum Teil über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte.
Archivpapier wird in folgenden Bereichen verwendet:
- Verwaltungen und Behörden, z. B. für Geburtsurkunden oder Grundbuchauszüge
- Archiven und Bibliotheken, z. B. handschriftliche Aufzeichnungen oder Bücher
- Gerichten und Kanzleien, z. B. für Beweisdokumente oder Urteile
- Firmen, z. B. Unternehmensdokumente oder Geschäftsakten
- Wissenschaft und Forschung, z. B. für Laborbücher oder Transkripte
- Museen und Ausstellungen, z. B. Zeichnungen oder Sammlungsdokumentationen

Als Standard für die dauerhafte Archivierung von wichtigem, einzigartigem Schriftgut nutzt man Papiere, die nach der international anerkannten Norm ISO 9706 zertifiziert sind. Sie gelten als alterungsbeständig für mehrere hundert Jahre – typischerweise mindestens 200 – 500 Jahre bei geeigneter Lagerung. So bleiben Informationen über Generationen hinweg erhalten. Einige Institutionen hingegen ziehen die neuere ISO 20494 heran; beide Normen stellen wir Euch gleich vor.
Alterungsbeständigkeit nach DIN 6738
Zunächst schauen wir aber auf die in Deutschland ebenfalls gebräuchliche DIN 6738 Norm. Sie definiert vier Lebensdauerklassen für Papier. Die höchste Lebensdauerklasse nach DIN 6738 ist die LDK 24-85. Papier, das die Anforderungen dieser Qualitätsklasse erreicht, darf laut DIN 6738 alterungsbeständig genannt werden und empfiehlt sich nach der Norm für die Archivierung.
Anforderungen an die Qualitätsmerkmale eines Papiers im Herstellungszustand stellt die DIN 6738 jedoch nur in Form von wenigen Mindestanforderungen. Daher wird sie von einigen als nicht umfassend genug angesehen, um eine verlässliche Aussage über die Alterungsbeständigkeit von Papier zu treffen. Diese wird hier nämlich nur reaktiv geprüft: Papierproben werden im Rahmen von Labortests einer beschleunigten Alterung unterzogen. Je nach zu prüfender Lebensdauerklasse werden die Papiere dabei über einen Zeitraum von 6, 12 bzw. 24 Tagen einer Temperatur von 80 °C und einer Luftfeuchtigkeit mit 65 % relativer Feuchte ausgesetzt. Anschließend werden die mechanischen Ausgangseigenschaften der Papiere mit den mechanischen Resteigenschaften nach dem Alterungstest verglichen und auf dieser Basis in die Lebensdauerklassen eingeordnet.
ISO 9706 Norm für Alterungsbeständigkeit

Die ISO 9706 definiert im Gegensatz zur DIN 6738 verschiedene Qualitätsmerkmale, die ein Papier in seinem Herstellungszustand erfüllen muss, um als alterungsbeständig zu gelten. Dazu zählen ein definierter Durchreißwiderstand, eine bestimmte Alkalireserve (Kalziumcarbonat-Puffer), eine niedrige Kappa-Zahl (als Maß für den verbliebenen Ligningehalt im Papier) und ein pH-Wert zwischen 7,5 und 10. Damit legt sie sehr spezifische Anforderungen an die chemische Zusammensetzung und die physikalischen Eigenschaften von Papier fest. Die ISO 9706 ist weltweit anerkannt. Sie wird in der Regel in der professionellen Archivierungspraxis herangezogen und in vielen Archivierungsstandards zitiert.
Die ISO 9706 schließt mit ihrer strengen Definition bestimmte Papiere per se aus. Recyclingpapier erfüllt aufgrund seines Ligningehalts in vielen Fällen zum Beispiel nicht die Kriterien der ISO 9706 und gilt somit nach dieser Norm nicht als alterungsbeständig. Kritiker sagen, dass – wenn man sie zur Beurteilung der Alterungsbeständigkeit heranzieht – Forschungs- und Praxisergebnisse aus der jüngeren Vergangenheit ignoriert werden. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Recyclingpapiere durchaus eine hohe Alterungsbeständigkeit besitzen.
Alterungsbeständigkeit nach der neuen ISO 20494
In die neue internationale ISO 20494 von 2017 sind neben den Inhalten der beiden älteren Normen erstmals auch wissenschaftliche Erkenntnisse aus den vergangenen Jahrzehnten eingeflossen. Sie berücksichtigt also einen aktuelleren Forschungsstand. Der vorgegebene pH-Wert liegt wie bei der ISO 9706 zwischen 7,5 und 10, die erforderliche Alkalireserve (Stichwort „Säurepuffer“) setzt sie hingegen doppelt so hoch an. Papierzerfall wird damit noch sicherer ausgeschlossen. Bei der Papierzusammenstellung, insbesondere im Hinblick auf den Ligningehalt, setzt sie jedoch andere Maßstäbe an. Damit sind nach dieser Norm im Vergleich zur ISO 9706 mehr Papiere – zum Beispiel auch nachhaltige Recyclingpapiere mit dem Siegel „Blauer Engel“ – alterungsbeständig und somit eine zusätzliche Alternative für viele Anwender:innen.
Drei Normen für eine Papier-Eigenschaft – da kann man schon mal ein wenig irritiert sein. Wir für uns halten fest: Die Frage nach der Alterungsbeständigkeit von Papier kommt häufig auf. Für den normalen Gebrauch ist aber im Prinzip jedes Papier ausreichend und für die langfristige Nutzung eignen sich alle als alterungsbeständig ausgewiesenen Papiere – die Details der verschiedenen Normen darf man da gut und gerne außer Acht lassen. Mit der Sicherung von wirklich unikalem und wertvollstem Schriftgut in historischen Archiven etc. beschäftigen sich ja auch ausgebildete Expert:innen… 😉